Bildungsbericht Ruhr 2024 veröffentlicht
Der Bildungsbericht Ruhr 2024 von Regionalverband Ruhr (RVR) und der Bildungs-initiative RuhrFutur nimmt nach 2012 und 2020 wieder das Bildungssystem im Ruhrgebiet in den Blick. Danach sind die Herausforderungen insbesondere in den Bereichen „Frühe Bildung“ und „Allgemeinbildende Schule“ wei-tergewachsen und erfordern in Zukunft noch größere Anstrengungen und mehr Kooperation auf allen Ebenen.
Die Corona-Pandemie hat bestehende Bildungsungleichheiten verschärft. Hinzu kommen neue Anforderungen etwa in Folge des Kriegs in der Ukraine, der fortschreitenden Digitalisierung oder der wachsenden Notwendigkeit, Integration und Inklusion konsequent umzusetzen. Ein erhöhter Förder- und Unterstützungsbedarf bei vielen Kin-dern und Jugendlichen ist die Folge. Die Herausforderungen gehen einher mit einem Mangel an Lehrkräften und sonstigem pädagogischem Personal. Diese Entwicklungen sind zwar nicht allein im Ruhrgebiet zu beobachten. Die finanziellen Handlungsspielräume in den Ruhrgebietsstädten sind allerdings aufgrund von Altschulden wesentlich enger. So können sogenannte freiwillige Leistungen wie Schulsozialarbeit, Sprachförderung und qualitätsvolle An-gebote im Ganztag nicht in ausreichendem Maße finanziert werden.
RVR-Regionaldirektor Garrelt Duin: „Bildung ist die beste Investition in die Zukunft unserer Region. Deshalb müs-sen wir früh anfangen, die Weichen für gelingende Lebensläufe zu stellen. Basiswissen wie Lesen, Schreiben und Rechnen bilden dabei das Fundament für jedes Kind. Die Herausforderungen durch zunehmende Bildungsungleich-heiten sind groß, aber unsere Stärke ist die enge regionale Zusammenarbeit aller relevanten Bildungsakteure. Un-ser Ziel ist ein leistungsfähiges und chancengerechtes Bildungssystem. Dazu brauchen wir das Land als verlässli-chen Partner an unserer Seite.“
Das Bildungssystem im Ruhrgebiet in der Praxis
Das Ruhrgebiet ist eine vielfältige und kooperationsgewohnte Bildungsregion. Wichtige niedrigschwellige Angebote wie die Kinderstuben (wohnortnahe Großtagespflegestellen mit qualitätsvollem und partizipativem Bildungsange-bot für Ein- bis Vierjährige) oder die Familiengrundschulzentren (an Grundschulen angegliederte Zentren, die kommunale Angebote für Kinder und deren Familien bündeln) wurden in der Region erstmals erprobt und weiter-entwickelt. Das Ruhrgebiet verfügt über eine ausdifferenzierte Fort- und Weiterbildungslandschaft und ist bundes-weit eine der größten Hochschulregionen. Die vielfältigen
Aktivitäten der Hochschulen im Übergang von Schule zu Studium und Beruf tragen dazu bei, auch Erstakademi-ker*innen und Seiteneinsteiger*innen den Studienstart zu erleichtern und sie zu erfolgreichen Abschlüssen zu führen. Das Ruhrgebiet hat zudem vielfältige Betriebe mit großen Kapazitäten für die duale Ausbildung in den am dringendsten benötigten Fachrichtungen.
Wie die Hochschulen arbeiten auch die Kommunen seit Langem zusammen und setzen über kommunale Grenzen hinweg gemeinsame Projekte um. So wurden Strukturen und eine breite Expertise im Bildungsbereich aufgebaut, um den wachsenden Anforderungen mit qualitativ wie quantitativ ausreichenden Angeboten entsprechen zu kön-nen. Das gilt für die frühkindliche Bildung, die Grundschulbildung, die ganztägige Bildung und für Querschnittsthe-men wie Inklusion, Sprachbildung und Digitalisierung. In diesen Bereichen konnten kommunal und regional durch-aus Erfolge erzielt werden.
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Aus den Zahlen des aktuellen Bildungsberichts geht jedoch hervor, dass die vielfältigen Maßnahmen nicht mit den Herausforderungen Schritt halten. Das Startchancen-Programm von Bund und Land als sehr umfangreiches För-derprogramm für Schulen in herausfordernden Lage kann dort wirksam unterstützen, wo es am dringendsten be-nötigt wird. Ein großer Teil der am Programm beteiligten Schulen in Nordrhein-Westfalen liegen im Ruhrgebiet (derzeit 171 von 400 Schulen).
Dr. Markus Piduhn, Geschäftsführer RuhrFutur gGmbH: „Der Bericht liefert leicht zugängliche Informationen über die Lage des Bildungssystems im Ruhrgebiet. So schafft er ein Bewusstsein für die gemeinsamen Herausforderun-gen und legt die Basis für ein regionales Bildungsmanagement. Politik, Verwaltung und weitere Akteure erhalten die notwendigen Daten, um Prozesse über kommunale Grenzen hinweg planen und umsetzen zu können – und die Qualität der Bildungsangebote für alle Kinder zu verbessern. Der Bildungsbericht Ruhr ist in Umfang und Art bun-desweit einzigartig.“
Bereiche „Frühe Bildung“ und „Allgemeinbildende Schulen“ im Detail
Mit dem Bildungsbericht Ruhr 2024 geben der Regionalverband Ruhr und RuhrFutur die dritte städteübergreifende Analyse für das Ruhrgebiet heraus. Er fußt auf dem fachlichen Austausch zwischen den kommunalen Bildungsprak-tikern, Bildungsforschenden, Landesinstitutionen, RVR und RuhrFutur. Der Bericht liefert eine umfassende Darstel-lung des Bildungsgeschehens im Ruhrgebiet, die alle Stationen der Bildungsbiografie erfasst – von der frühen Bil-dung über allgemeinbildende Schulen und die berufliche Bildung bis hin zu den Hochschulen und der Weiterbil-dung. Ganz neu ist das Kapitel „Außerschulische Bildung“.
Anknüpfungspunkte, um Bildungsberichterstattung und -monitoring erfolgreich zu nutzen sowie die Kultur von Kooperation und Vernetzung stärker mit der Bildungspraxis zu verbinden, gibt es viele:
Die Infrastruktur „Frühe Bildung“ wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Dennoch reicht das Angebot noch nicht aus. Die Betreuungsquoten bei unter Dreijährigen ist weiter angestiegen, allerdings langsamer als erwartet. Bei den Drei- bis Sechsjährigen ist in einigen Kommunen sogar ein Rückgang festzustellen. Das führt dazu, dass insbesondere Kinder aus Familien mit niedrigerem Bildungsniveau oder Migrationshintergrund nicht ausreichend gefördert werden können. Die Schuleingangsuntersuchungen zeigen, dass ein Großteil der Einschulungskinder deutliche Einschränkungen der Sprachkompetenz aufweist.
Eine erfolgreiche Maßnahme, die hier ansetzt, sind die sogenannten Brückengruppen (Betreuungsangebote für Kinder im vorschulischen Alter ohne KiTa-Platz), die im Zusammenwirken von Trägern des offenen Ganztags, Kommunen und Schulen eingerichtet wurden.
Ein Drittel der Grundschülerinnen und Grundschüler erreichen in den Vergleichsarbeiten (VERA 3) in Deutsch und Mathematik nicht die Mindeststandards, was den Übergang in weiterführende Schulen erschwert. Auch in der Sekundarstufe I zeigen sich Defizite: Viele Schüler verfehlen die Mindestanforderungen bei standardisierten Tests (VERA 8) in den Bereichen Lesen und Mathematik. Dies betrifft insbesondere Schüler aus sozial benachteiligten Familien.
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Der Anstieg der Schülerzahlen im Bereich der Primarstufe und die schwierigen sozialen Rahmenbedingungen belas-ten vor allem die Grundschulen, besonders in herausfordernden Lagen. Etwa ein Drittel der Grundschulen gelten als Schulen in herausfordernder Lage (Sozialindexstufe 6 und höher). An diesen Schulen fehlt es an Fachkräften, um die zunehmend heterogene Schülerschaft angemessen zu unterrichten.
Maßnahmen, die qualifizierte Studierende als Lernbegleiterinnen und -begleiter an Schulen vermitteln, sind hier beispielsweise erfolgreiche Interventionen zur Entlastung von Lehrkräften und zur Förderung von herausgeforder-ten Schülerinnen und Schülern.
Handlungsempfehlungen
Zentrale Stellschrauben für gemeinsames Handeln zeigen sich aufbauend auf den Ergebnissen des vorliegenden Bildungsberichts an folgenden Stellen:
- Übergangsmanagement und Basiskompetenzen stärken
- Bildungsteilhabe der Drei- bis Sechsjährigen fördern
- Fachkräfte aufbauen und Fachkräftemangel gezielt begegnen
- Insgesamt die Widerstandsfähigkeit des Systems gegenüber gesellschaftlichen Herausforderungen und Veränderungen stärken
Der Bildungsbericht Ruhr 2024 erscheint auch in einer digitalen Fassung: www.bildungsbericht.ruhr.
Pressekontakt:
Barbara Klask Joela Dukat
Pressesprecherin Programmkoordination
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