Aufbruchsignal für eine starke, gemeinsam gestaltete Wissensregion: RVR und RuhrFutur stellen Bildungsbericht Ruhr 2020 vor
Mit dem Bildungsbericht Ruhr 2020 geben RuhrFutur und der Regionalverband Ruhr (RVR) die zweite städteübergreifende Analyse für die Metropole Ruhr nach 2012 heraus. Er wurde im Verlauf der letzten zwei Jahre erarbeitet und zeichnet die Entwicklungen im Bildungssystem der Region bis 2019 nach. Der Bericht liefert eine umfassende Darstellung des Bildungsgeschehens im Ruhrgebiet, die alle Stationen der Bildungsbiografie erfasst – von der frühen Bildung über allgemeinbildende Schulen, die berufliche Bildung bis hin zu den Hochschulen und der Weiterbildung. Heute wurden die Ergebnisse im Rahmen einer digitalen Veranstaltung vorgestellt.
Im Vergleich zu 2012 sind Dynamik und Komplexität des Bildungsgeschehens im Ruhrgebiet nochmals gestiegen. Die Region steht demografisch, sozial und wirtschaftlich möglicherweise vor größeren Herausforderungen als vor acht Jahren. Der Anteil der Bildungsteilnehmenden aus besonderen Risikolagen ist weiterhin sehr hoch. Die Corona-Krise wird vorhandene Ungleichheiten möglicherweise noch verschärfen.
Dazu RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel: „Jede Investition in die Bildung junger Menschen ist eine Investition in die Zukunft des Ruhrgebiets. Weil alle Städte in der Metropole Ruhr vor den gleichen Herausforderungen stehen, kann erfolgversprechende Bildungsarbeit nur regional gedacht werden und darf nicht an Stadtgrenzen Halt machen. Grundlage für die Entwicklung gemeinsamer Strategien ist dabei ein kontinuierliches regionales Monitoring. Der aktuelle Bildungsbericht, an dem vor allem Kommunen und Hochschulen mitgewirkt haben, mobilisiert die große Expertise für den weiteren Prozess auf dem Weg zu einem leistungsfähigen, chancengerechten Bildungssystem.”
Der Bericht zeigt, dass es der Region immer besser gelingt, die bestehenden Herausforderungen im Bildungssystem zu bewältigen. Die wachsende Zusammenarbeit der Verantwortlichen erlaubt zunehmend gemeinsame Planungsprozesse und die Umsetzung kooperativer Strategien über kommunale Grenzen hinweg. So markiert der Bildungsbericht auch den Auftakt für ein regionales Bildungsmonitoring und für eine zukünftige kontinuierliche regionale Bildungsberichterstattung.
„Der Bildungsbericht Ruhr 2020 ist ein sichtbares Produkt von wachsender Kooperation im Ruhrgebiet, die im ersten Bericht 2012 noch angemahnt wurde. Er ist ein Bericht aus der Region für die Region. Wir verstehen die aktuellen Befunde als klare Aufforderung, uns noch stärker zu vernetzen und uns mit möglichst allen zentralen Akteurinnen und Akteuren für die Bildungsregion Ruhr einzusetzen. Mit dem regionalen Bildungsmonitoring schaffen wir nun eine, auch im deutschlandweiten Vergleich, einzigartige Grundlage für schnelle Reaktionen auf aktuelle Entwicklungen“, sagt Dr. Oliver Döhrmann, Geschäftsführer der RuhrFutur gGmbH.
Der aktuelle Bildungsbericht macht deutlich: Die diverse Bevölkerung im Ruhrgebiet und das insbesondere in den frühen Bildungsabschnitten erkennbare Bevölkerungswachstum eröffnen zahlreiche Chancen. Anknüpfungspunkte, um Bildungsberichterstattung und -monitoring erfolgreich zu nutzen sowie die Kultur von Kooperation und Vernetzung stärker mit der Bildungspraxis zu verbinden, gibt es viele: Die Infrastruktur früher Bildung wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Gleichzeitig ist die Anzahl der unter sechsjährigen Kinder als Folge gestiegener Geburtenzahlen und Zuwanderung schneller gewachsen als die Infrastruktur. Der Anteil an Einschulungskindern mit Kompetenzdefiziten ist größer als in anderen Regionen Nordrhein-Westfalens. Sprache erweist sich hier als Schlüsselkompetenz. Eine Herausforderung wird daher nicht nur der weitere Ausbau der Infrastruktur sein, sondern die Schaffung von Sprach- und Weiterbildungsangeboten in allen bildungsbiografischen Abschnitten.
Die Zahl der Schüler*innen im Ruhrgebiet wird in den nächsten Jahren um 19,8 Prozent steigen. In welche Schule oder KiTa die Kinder im Ruhrgebiet gehen, entscheidet sich nicht immer entlang der Grenzen der eigenen Stadt. Eltern, Kinder und junge Erwachsene nehmen Bildungsangebote aus der ganzen Region wahr. Bereits heute pendeln beispielsweise rund 125.000 Schüler*innen über kommunale Grenzen hinweg zu ihren Schulen. Kommunenübergreifende Zusammenarbeit im Bildungsbereich wird damit wichtiger.
Der Bildungsbericht weist auf die Effekte des demografischen Wandels und des damit verbundenen Fachkräftemangels hin. Der Anteil unbesetzter Stellen für Lehrkräfte im Ruhrgebiet ist höher ist als im übrigen Nordrhein-Westfalen. Auch im weiteren Arbeitsmarkt werden gut qualifizierte Fachkräfte benötigt. Das regionale berufliche Aus- und Weiterbildungssystem kann Effekte des Fachkräftemangels heute noch nicht kompensieren. Die steigenden Schüler*innenzahlen werden den Arbeitskräftebedarf alleine nicht decken können. Großes Potenzial bietet im Ruhrgebiet eine Erhöhung der
vergleichsweise niedrigen Frauenbeschäftigtenquote.
Das Ruhrgebiet ist auf dem Weg von einer Industrie- zu einer Wissensregion. Die Studierendenzahlen steigen. Im Vergleich zu anderen Regionen studieren im Ruhrgebiet mehr junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und aus Elternhäusern, in denen die gesprochene Familiensprache nicht Deutsch ist. Zudem kommen die Studierenden seltener aus einem akademischen Elternhaus. Der Bildungsbericht unterstreicht erneut, dass die Hochschulen ihre Studierenden und insbesondere die zahlreichen Erstakademiker*innen gut mit zahlreichen Beratungs- und Unterstützungsangeboten auf ihrem Weg zu einem erfolgreichen Studienabschluss begleiten.
Um dem steigenden Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften gerecht zu werden, müssen neue Bildungspotenziale, sowohl mit Blick auf berufliche und akademische Bildung als auch in der Weiterbildung erschlossen werden. Trotz der schwierigen Ausgangsbedingungen zeigt sich die Metropole Ruhr als dynamische Region. Eine umfassende regionale Kooperation aller an gelingender Bildung beteiligten Akteur*innen ist eines ihrer wichtigsten Potenziale. Dieses gilt es, gemeinsam auszuschöpfen, damit alle Menschen in der Region unabhängig von ihrer Herkunft die gleichen Chancen auf Bildungsteilhabe und -erfolg haben.
Der Bildungsbericht Ruhr 2020 erscheint auch in einer digitalen Fassung: www.bildungsbericht.ruhr.
Die Herausgeber:
Der Regionalverband Ruhr (RVR) mit Sitz in Essen ist die politisch administrative Klammer der Metropole Ruhr. Dazu gehören elf kreisfreie Städte und vier Kreise, zusammen 5,1 Millionen Menschen. Mit seinem breiten Spektrum regionaler Aufgaben dient er auf vielfältige Art dem Wohl des Ruhrgebiets. Eine der zentralen Aufgaben ist die Erarbeitung und Fortschreibung des Regionalplans Ruhr. Auf Handlungsfeldern wie Umwelt und Grüne Infrastruktur, Mobilität, Kultur, Tourismus und Freizeit, Bildung und Wissenschaft, Wirtschaft, Energie und Abfall agiert der Verband als Netzwerker, Impulsgeber, Projektträger und Stimme der Region.
Der Regionalverband Ruhr im Netz unter www.rvr.ruhr
Die RuhrFutur gGmbH ist Trägerin von RuhrFutur, einer gemeinsamen Bildungsinitiative der Stiftung Mercator, des Landes Nordrhein-Westfalen, des Regionalverbands Ruhr, von sechs Städten und einem Kreis sowie sieben Hochschulen. Das Ziel der Bildungsinitiative ist es, die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems durch eine Stärkung insbesondere der regionalen Kooperation zu steigern, um allen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Ruhrgebiet unabhängig von ihrer Herkunft faire Bildungschancen zu ermöglichen.
RuhrFutur im Netz unter www.ruhrfutur.de