Neue Horizonte für den Fachunterricht - Qualifizierung im Programm „Klasse!Digital“
Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung an Schulen Vorschub geleistet. Doch der Prozess ist längst nicht abgeschlossen, eine Rückkehr zum rein analogen Unterricht hingegen ausgeschlossen. Auch wenn der Distanzunterricht mancherorts zu einem Überdruss an digitalen Formaten geführt hat: Digitale Medien gehören schon lange zum Alltag Heranwachsender. Somit ist es Aufgabe der Schule, ihre Chancen zu nutzen und Schüler*innen die so wichtige Medienkompetenz zu vermitteln.
„Digitalität durchzieht alle Lebensbereiche und verändert die Art und Weise, wie wir Informationen aufnehmen und weiterverarbeiten“, beschreibt Marcus von Amsberg, der in Hamburg Deutsch, Biologie und Psychologie unterrichtet. Als Referent leitete er die fachliche Qualifizierung im Schuljahr 2021/22 im Fach Deutsch. Didaktisch klug eingesetzt, eröffnen digitale Medien aus seiner Sicht viele neue Möglichkeiten: „Ich kann zum Beispiel beim Lesen Wörter direkt nachschlagen oder beim kollaborativen Schreiben gemeinsam einen Text verfassen.“ Ferner könnten digitale Medien beim Individualisieren und Differenzieren im Unterricht helfen, das Lernen interessanter und das Lehren leichter machen.
Mathe, Deutsch und Englisch im Fokus
Das Programm „Klasse!Digital“ unterstützt Schulen dabei, sich im Bereich Digitalität ganzheitlich weiterzuentwickeln. Die Basis dafür ist die Qualifizierung von Steuergruppen durch Schulentwicklungsberatende. „Darüber hinaus möchten wir auch Fachlehrkräften die Möglichkeit geben, sich zu qualifizieren, fachlich auszutauschen und schulformübergreifend zu vernetzen“, erläutert Joela Dukat von RuhrFutur die Idee der Fortbildungsreihe. Eine Umfrage unter Fachlehrkräften habe einen hohen Bedarf an Qualifizierung in Mathematik, Deutsch und Englisch ergeben. „Diese Fächer spielen als Basiskompetenzen beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule eine besonders wichtige Rolle.“
In jeweils vier Fortbildungsveranstaltungen zum Einsatz digitaler Medien in Mathematik, Deutsch und Englisch konnten Fachlehrkräfte aller Schulformen in den vergangenen Monaten ihr Wissen erweitern, neue Tools ausprobieren und sich fachbezogen austauschen. Eingeladen zu den Online-Fortbildungen waren je zwei Fachlehrkräfte pro Schule. „Einige Schulen haben Lehrkräfte in alle drei Qualifizierungen entsendet“, berichtet Joela Dukat. Der Wunsch nach Fortbildung zur digitalen Unterrichtsentwicklung sei stark, das zeige sich auch in der Nachfrage nach entsprechenden Webinaren von RuhrFutur.
Spannende Einblicke in den Unterricht
Um die teilnehmenden Fachkräfte dort abzuholen, wo sie stehen, beschäftigten sich alle Referent*innen in der ersten Online-Sitzung mit dem Status quo an den Schulen. Marcus von Amsberg, Referent für Deutsch, und Prof. Dr. Stephan Hußmann, Referent für Mathematik, luden die Lehrkräfte zum Erfahrungsaustausch im Umgang mit digitalen Medien ein: Mit welchen Tools haben Sie bereits gearbeitet? Worüber möchten Sie gerne mehr erfahren? Die in den Chatgruppen geäußerten Wünsche griffen die Referent*innen in den folgenden Fortbildungen auf.
„Die Veranstaltung ging auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden sehr gut ein und richtete sich sowohl an bereits in der Digitalisierung erfahrenere Kolleg*innen als auch an Anfänger*innen“, lobt Michaela Filor, die am Gymnasium Essen-Überruhr Englisch und Geschichte unterrichtet. Besonders positiv empfanden viele Lehrkräfte den starken Praxisbezug der Fortbildung. Die Referent*innen präsentierten Tools, mit denen sie selbst arbeiten, und gewährten spannende Einblicke in ihren Unterricht. Nina Bücker, Lehrerin für Englisch und Französisch und verantwortlich für die Qualifizierung im Fach Englisch, zeigte beispielsweise, wie sie über das Internet eine Kooperation mit einer deutschen Schule in Namibia pflegt: „Wenn meine Schüler*innen etwas Neues lernen – etwa, sich in der Fremdsprache vorzustellen oder ihr Zimmer zu beschreiben –, produzieren sie dazu Audios oder Videos und laden diese für ihre Lernpartner*innen hoch, die dann wiederum Feedback geben.“
Neue Wege der Kommunikation und Kollaboration
Aber nicht nur über Landesgrenzen hinweg, auch innerhalb des Klassenzimmers eröffnen digitale Werkzeuge neue Möglichkeiten der Kommunikation und Kollaboration. Für den Deutschunterricht zeigte Referent Marcus von Amsberg beispielsweise, wie Lernende gemeinsam eine Wortwolke erstellen oder Argumente sammeln können. Anschließend übten die Lehrkräfte sich in der Anwendung der vorgestellten digitalen Tools. Bis zum nächsten Treffen konnten sie diese im Unterrichtsalltag erproben.
Was die Referent*innen den Teilnehmenden aber auch vermittelten: Es geht nicht darum, digitale Medien zwanghaft zu nutzen, sondern sie didaktisch klug einzusetzen. „Ob mit oder ohne Medien – die Prinzipien und Ziele des Unterrichts sind gleich“, erklärte Stephan Hußmann, Professor für Didaktik der Mathematik an der TU Dortmund, in seiner Präsentation. Dazu zählt unter anderem, Schüler*innen durch entdeckendes Lernen zu aktivieren und Aufgaben so zu stellen, dass Lernende sie verstehen können. Einig waren sich die Referent*innen auch in ihrer Empfehlung, sich im Unterricht mit digitalen Medien zunächst auf ein oder zwei neue Tools zu konzentrieren und sich mit diesen intensiv zu beschäftigen.
Mut zum Einsatz digitaler Werkzeuge
Lehrerin Michaela Filor fühlt sich durch die Fortbildung ermutigt, sogenannte Taskcards in ihrem Unterricht einzusetzen: Sie ermöglichen es den Schüler*innen, ihre Ergebnisse zu teilen, und der Lehrkraft, die Lern- und Arbeitsfortschritte effektiv zu erfassen. Zudem nutzt sie die App iMovies, um mit ihren Schüler*innen eigene Videos zu verschiedenen Themen zu erstellen. „Die App empfinde ich als besonders hilfreich für die Motivation“, berichtet Michaela Filor. „Selbst in der achten Stunde integrieren meine Schüler*innen jetzt mit Begeisterung neue inhaltliche Aspekte in ihre Grammatik- oder Geschichtsfilme.“
Auch Rita Lefering, Didaktische Leiterin und Deutschlehrerin an der Marga-Spiegel-Sekundarschule in Werne, konnte zahlreiche Anregungen für ihren Unterricht mitnehmen: „Beiträge von Schüler*innen kann ich nun blitzschnell per flinga.fi einsammeln und sortieren, um so zum Beispiel gemeinsam eine Unterrichtsreihe zu planen oder auch Pro- und Kontra-Argumente zu visualisieren. Meine Schüler*innen sind durch den Einsatz der digitalen Tools viel motivierter bei der Sache und sie können individuelle Beiträge zum Unterricht leisten, die auch gesehen werden.“ Nach fast 30 Jahren Lehrtätigkeit traut Rita Lefering sich jetzt, ihren Unterricht mit digitalen Werkzeugen neu zu gestalten.
Wie der Transfer gelingt
Die Freude am Ausprobieren digitaler Medien ist bei den Lehrkräften durch die Fortbildung sichtlich gewachsen. Doch wie können sie das erworbene Wissen in ihre Fachschaften tragen? Und wie gelingt es ihnen, die eigenen Kenntnisse nachhaltig zu sichern? Auch darüber hatten sich die Referent*innen schon im Vorfeld Gedanken gemacht: So verschaffte Marcus von Amsberg seinen Lehrkräften Zugang zu einem Portal mit verschiedenen Selbstlernkursen, mit denen sie das Erlernte auffrischen und Neues ausprobieren können. Nina Bücker richtete für ihre Teilnehmenden eine Plattform ein, die sie über die Fortbildung hinaus für die Vernetzung untereinander nutzen können. Ihr Wunsch: „Lehrkräfte müssen Zeit bekommen, um sich mit der eigenen Unterrichtsentwicklung auseinanderzusetzen.“
Auch RuhrFutur lädt die Teilnehmer*innen der Qualifizierung ein, am Ball zu bleiben – mit passenden Webinaren, die das Fortbildungsprogramm sinnvoll ergänzen. „Wir sind begeistert, dass die Lehrkräfte trotz ihrer hohen Belastung bereit sind, sich inspirieren zu lassen und weiterzubilden“, freut sich Joela Dukat. „Das macht mir Hoffnung, dass Unterricht sich stetig so weiterentwickelt, dass alle davon profitieren – Lehrkräfte und Lernende.“
(Autorin: Martina Biederbeck – silbenfisch Text & Konzept)
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